Erzähle uns ein bisschen etwas von dir. Wo lebst du, wo arbeitest du? Wie sieht dein Atelier aus?
Seit meinem Examen als Meisterschülerin an der Kunstakademie Münster 2011 lebe und arbeite ich in Berlin. Die Stadt ist einzigartig in der Hinsicht, dass ich jeden Tag mit der U-Bahn in einen anderen Kiez fahren kann und dort jeweils eine komplett andere Stadt vorfinde. Die Atmosphären und Bewohner sind so vielfältig wie die Architekturstile, und das macht den Alltag immer wieder aufregend. Für eine Architekturinteressierte wie mich ist das ein wahres Schlaraffenland. Mein Atelier ist seit Anfang des Jahres in Adlershof, im Südosten der Stadt. Die etwas abgeschiedene Lage bringt für mich die nötige Ruhe zum Arbeiten mit und in den zwei großzügigen Räumen habe ich richtig viel Platz zum Experimentieren.
Was hat dich bewegt die Häuser zu malen?
Zu Anfang war es die skulpturale Wirkung von Architektur in Landschaft, das Spiel von Licht und Schatten, das mich inspiriert hat. Als Malerin habe ich viele Freiheiten innerhalb der geometrischen Flächen, die sich ergeben. Architektur ist aber auch stark aufgeladen. Sie ist die bewusste Gestaltung unseres Lebensraums durch den Menschen und archäologisch gesehen die deutlichste Spur, die eine Zivilisation hinterlässt. Nicht umsonst verbinden wir mit bestimmten Architekturstilen nicht nur Epochen, sondern auch Emotionen. Trotz der Menschenleere in meinen Bildern ist der Mensch durch die Architektur immer präsent.
Gibt es diese Häuser wirklich?
Ganz klar: Jain. Ich lasse mich, wo immer ich bin, von realen Orten und Architekturen inspirieren. Die Idee zu einem Bild ist also immer mehr oder weniger stark von der Wirklichkeit beeinflusst. Trotzdem mache ich keine Porträts von Häusern, sondern verändere sie in der Komposition und natürlich während des Malprozesses. Meist reduziere ich die Details sehr stark und nehme auch die urbane Umgebung weg, sodass die Architektur zum Monolithen wird. Betrachter reagieren aber oft mit dem Ausruf: „Ich weiß, wo das ist!“, und meinen, einen ganz bestimmten Ort wiederzuerkennen, der für sie persönlich eine besondere Bedeutung hat. Die Ortslosigkeit meiner Bilder verstärkt paradoxerweise den Effekt. Ich finde es wichtig, dass Malerei dem Betrachter immer eine möglichst große Projektionsfläche bietet, damit Interaktion stattfinden kann. Nur, weil ich das Bild gemalt habe, beanspruche ich ja nicht die alleinige Deutungshoheit.
Lebt dort jemand?
Wer weiß?
Woran arbeitest du gerade?
Momentan forsche ich zu Architekturstilen der Nachkriegsmoderne, insbesondere zum sogenannten Brutalismus. Der Begriff stammt eigentlich aus dem Französischen und bedeutet nichts weiter als „roher Beton“, wurde aber von Kritikern zu einem Schimpfnamen für diesen architektonischen Stil gemacht. Viele brutalistische Bauten weltweit werden gerade abgerissen oder sind gefährdet, weil sie emotional sehr negativ behaftet sind. Dabei hatten die jeweiligen Architekten oft eine utopische Gesellschaft im Sinn und wollten durch ihre Gebäude zum Gelingen der Utopie beitragen. Diese Ambivalenz der Architektur und ihrer öffentlichen Wahrnehmung interessiert mich, weil sie durch Zuschreibungen entsteht, die veränderbar sind. Wie in der Kunst verändert also die persönliche Konfrontation zusammen mit dem Zeitgeist die Wahrnehmung, bzw. ihre Interpretation, obwohl die Form unverändert bleibt.
Wo findest du deine Inspiration?
Früher habe ich meine Motive ausschließlich beim Flanieren gefunden. Ich bin lange ziellos gegangen und habe zufällige Begegnungen mit interessanten architektonischen Situationen und Lichteinfällen gesammelt. Heute lasse ich mich auch von nicht unmittelbar selbst erlebten Orten inspirieren, zum Beispiel durch Fotos von Gebäuden in Interessengruppen wie „The Brutalism Appreciation Society“ auf Facebook, in Filmen oder in Architekturbüchern. Dieses Verwenden von „found footage“ ermöglicht mir eine viel internationalere Perspektive.
Mein Materialarchiv umfasst jetzt schon viel mehr mögliche Motive, als ich je umsetzen könnte. Das ist ein schönes Gefühl, als hätte man eine gefüllte Schatztruhe.
Kennst du sowas wie einen Artist Flow? Was macht es mit dir?
Einen richtigen Artist Flow kann ich bei mir erst im Nachhinein feststellen, weil dieser Zustand ja die Selbstwahrnehmung komplett ausschaltet. Im Flow scheint die Hand von allein zu malen, ohne dass ich darüber nachdenken muss. Aktionen und Reaktionen scheinen automatisch zu passieren. Im Grunde versuche ich immer, ein Setting optimaler Umstände zu erreichen, damit der Artist Flow entstehen kann. Für mich sind bewusste Komposition und Planung der feste Rahmen, innerhalb dessen ich ein malerisches Flow-Erlebnis haben kann. Der Wechsel zwischen den Zuständen erlaubt mir, bei allem malerischen Zufall, die Kontrolle über den Bildraum zu behalten.
Wo möchtest du gerne mal ausstellen?
Eine schwierige Frage! Es gibt so viele phänomenale Ausstellungsorte. Letztes Jahr war ich zum Beispiel im Louisiana in Dänemark, nördlich von Kopenhagen, und habe die Ausstellung von Daniel Richter dort gesehen. In dem verwinkelten Bau wurde man durch die tolle Sammlungspräsentation bis zu den lichtdurchfluteten Ausstellungssälen geleitet. Abgesehen von der beeindruckenden Qualität der Ausstellung selbst war es wirklich wunderbar, nebenbei immer wieder den Blick auf den Skulpturengarten und das tiefblaue Meer zu haben. Dort auszustellen wäre ein Traum! Andererseits muss es aber auch gar nicht immer die große Institution sein; oft sind kleine Off-Spaces oder Projekträume in ihrer Intimität genauso spannend. Im Dialog mit besonderen Raumsituationen oder Arbeiten anderer Künstler ergeben sich meist faszinierende neue Blickwinkel und Facetten des eigenen Werks.
Erzähle uns ein bisschen etwas von dir. Wo lebst du, wo arbeitest du? Wie sieht dein Atelier aus?
Seit meinem Examen als Meisterschülerin an der Kunstakademie Münster 2011 lebe und arbeite ich in Berlin. Die Stadt ist einzigartig in der Hinsicht, dass ich jeden Tag mit der U-Bahn in einen anderen Kiez fahren kann und dort jeweils eine komplett andere Stadt vorfinde. Die Atmosphären und Bewohner sind so vielfältig wie die Architekturstile, und das macht den Alltag immer wieder aufregend. Für eine Architekturinteressierte wie mich ist das ein wahres Schlaraffenland. Mein Atelier ist seit Anfang des Jahres in Adlershof, im Südosten der Stadt. Die etwas abgeschiedene Lage bringt für mich die nötige Ruhe zum Arbeiten mit und in den zwei großzügigen Räumen habe ich richtig viel Platz zum Experimentieren.
Was hat dich bewegt die Häuser zu malen?
Zu Anfang war es die skulpturale Wirkung von Architektur in Landschaft, das Spiel von Licht und Schatten, das mich inspiriert hat. Als Malerin habe ich viele Freiheiten innerhalb der geometrischen Flächen, die sich ergeben. Architektur ist aber auch stark aufgeladen. Sie ist die bewusste Gestaltung unseres Lebensraums durch den Menschen und archäologisch gesehen die deutlichste Spur, die eine Zivilisation hinterlässt. Nicht umsonst verbinden wir mit bestimmten Architekturstilen nicht nur Epochen, sondern auch Emotionen. Trotz der Menschenleere in meinen Bildern ist der Mensch durch die Architektur immer präsent.
Gibt es diese Häuser wirklich?
Ganz klar: Jain. Ich lasse mich, wo immer ich bin, von realen Orten und Architekturen inspirieren. Die Idee zu einem Bild ist also immer mehr oder weniger stark von der Wirklichkeit beeinflusst. Trotzdem mache ich keine Porträts von Häusern, sondern verändere sie in der Komposition und natürlich während des Malprozesses. Meist reduziere ich die Details sehr stark und nehme auch die urbane Umgebung weg, sodass die Architektur zum Monolithen wird. Betrachter reagieren aber oft mit dem Ausruf: „Ich weiß, wo das ist!“, und meinen, einen ganz bestimmten Ort wiederzuerkennen, der für sie persönlich eine besondere Bedeutung hat. Die Ortslosigkeit meiner Bilder verstärkt paradoxerweise den Effekt. Ich finde es wichtig, dass Malerei dem Betrachter immer eine möglichst große Projektionsfläche bietet, damit Interaktion stattfinden kann. Nur, weil ich das Bild gemalt habe, beanspruche ich ja nicht die alleinige Deutungshoheit.
Lebt dort jemand?
Wer weiß?
Woran arbeitest du gerade?
Momentan forsche ich zu Architekturstilen der Nachkriegsmoderne, insbesondere zum sogenannten Brutalismus. Der Begriff stammt eigentlich aus dem Französischen und bedeutet nichts weiter als „roher Beton“, wurde aber von Kritikern zu einem Schimpfnamen für diesen architektonischen Stil gemacht. Viele brutalistische Bauten weltweit werden gerade abgerissen oder sind gefährdet, weil sie emotional sehr negativ behaftet sind. Dabei hatten die jeweiligen Architekten oft eine utopische Gesellschaft im Sinn und wollten durch ihre Gebäude zum Gelingen der Utopie beitragen. Diese Ambivalenz der Architektur und ihrer öffentlichen Wahrnehmung interessiert mich, weil sie durch Zuschreibungen entsteht, die veränderbar sind. Wie in der Kunst verändert also die persönliche Konfrontation zusammen mit dem Zeitgeist die Wahrnehmung, bzw. ihre Interpretation, obwohl die Form unverändert bleibt.
Wo findest du deine Inspiration?
Früher habe ich meine Motive ausschließlich beim Flanieren gefunden. Ich bin lange ziellos gegangen und habe zufällige Begegnungen mit interessanten architektonischen Situationen und Lichteinfällen gesammelt. Heute lasse ich mich auch von nicht unmittelbar selbst erlebten Orten inspirieren, zum Beispiel durch Fotos von Gebäuden in Interessengruppen wie „The Brutalism Appreciation Society“ auf Facebook, in Filmen oder in Architekturbüchern. Dieses Verwenden von „found footage“ ermöglicht mir eine viel internationalere Perspektive.
Mein Materialarchiv umfasst jetzt schon viel mehr mögliche Motive, als ich je umsetzen könnte. Das ist ein schönes Gefühl, als hätte man eine gefüllte Schatztruhe.
Kennst du sowas wie einen Artist Flow? Was macht es mit dir?
Einen richtigen Artist Flow kann ich bei mir erst im Nachhinein feststellen, weil dieser Zustand ja die Selbstwahrnehmung komplett ausschaltet. Im Flow scheint die Hand von allein zu malen, ohne dass ich darüber nachdenken muss. Aktionen und Reaktionen scheinen automatisch zu passieren. Im Grunde versuche ich immer, ein Setting optimaler Umstände zu erreichen, damit der Artist Flow entstehen kann. Für mich sind bewusste Komposition und Planung der feste Rahmen, innerhalb dessen ich ein malerisches Flow-Erlebnis haben kann. Der Wechsel zwischen den Zuständen erlaubt mir, bei allem malerischen Zufall, die Kontrolle über den Bildraum zu behalten.
Wo möchtest du gerne mal ausstellen?
Eine schwierige Frage! Es gibt so viele phänomenale Ausstellungsorte. Letztes Jahr war ich zum Beispiel im Louisiana in Dänemark, nördlich von Kopenhagen, und habe die Ausstellung von Daniel Richter dort gesehen. In dem verwinkelten Bau wurde man durch die tolle Sammlungspräsentation bis zu den lichtdurchfluteten Ausstellungssälen geleitet. Abgesehen von der beeindruckenden Qualität der Ausstellung selbst war es wirklich wunderbar, nebenbei immer wieder den Blick auf den Skulpturengarten und das tiefblaue Meer zu haben. Dort auszustellen wäre ein Traum! Andererseits muss es aber auch gar nicht immer die große Institution sein; oft sind kleine Off-Spaces oder Projekträume in ihrer Intimität genauso spannend. Im Dialog mit besonderen Raumsituationen oder Arbeiten anderer Künstler ergeben sich meist faszinierende neue Blickwinkel und Facetten des eigenen Werks.